3.3.1. Auswahl und Berechnung von Passungen
Passungen
Passungen sind maßgeblich für Funktionen von Bauteilen verantwortlich. Bei der Passungsauswahl muss man sich überlegen, zwischen welchen Verbindungen ein genauer Sitz erforderlich ist, um zum Beispiel ein Drehmoment übertragen zu können oder ein loser Sitz ausreicht, um zwar eine genaue Führung der Bauteile zu definieren, die Teile sich aber dennoch bewegen dürfen.
Anleitung zur Auswahl von Passungen:
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Im ersten Schritt muss überlegt werden, bei welchen sich berührenden Flächen in der Baugruppe eine Passung vorliegt (sich umschließende Bauteile mit gleichem Nennmaß, siehe 5. Vorlesung).
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Entsprechend der gewünschten Funktion wird aus der Tabelle eine geeignete Passung ausgewählt.
In der Tabelle sind Kennzeichen und Richtlinien für die Anwendung wichtiger Passtoleranzfelderangegeben.
- Allgemeine Informationen und Grundlagen zu Passungen (wie mögliche Passungsfelder, etc.) sind DIN EN ISO 286-1 zu entnehmen.
- Tabellierte Grundtoleranzen für Bohrungen und Wellen sind in DIN EN ISO 286-2 zu finden.
Paßtoleranzfelder |
Kennzeichen |
Anwendungsbeispiele |
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Einheitsbohrg. |
Einheitswelle |
Auswahl |
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Übermaßpassung | ||||
H7/s6 H7/r6 |
R7/h6 S7/h6 |
H7/r6
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Pressteile können nur unter hohem Druck oder durch Schrumpfen zusammengefügt werden. Zusätzliche Sicherung gegen Verdrehung ist nicht erforderlich. | Kupplungen auf Wellenenden, Buchsen in Radnaben, festsitzende Zapfen und Bunde, Bronzekränze auf Schneckenradkörpern, Ankerkörper auf Wellen. |
Übergangspassung | ||||
H7/n6 |
N7/h6 |
H7/n6 |
Festsitzteile lassen sich nur unter hohem Druck zusammenfügen. Hierbei ist eine zusätzliche Sicherung gegen Verdrehung erforderlich | Zahn- und Schneckenräder, Lagerbuchsen, Winkelhebel, Radkränze auf Radkörpern, Antriebsräder |
H7/m6 |
M7/h6 |
Treibsitze lassen sich unter erheblichem Kraftaufwand, z.B. mit Handhammer, zusammenfügen und wieder auseinander treiben. Sichern gegen Verdrehen ist erforderlich | Teile an Werkzeugmaschinen, die ohne Beschädigung ausgewechselt werden müssen, z. B. Zahnräder, Riemenscheiben, Kupplungen, Zylinderstifte, Passschrauben | |
H7/k6 |
K7/h6 |
H7/k6 |
Haftsitzteile lassen sich unter geringem Kraftaufwand zusammenfügen. Ein Sichern gegen Verdrehen und Verschieben ist nötig | Riemenscheiben Zahnräder und Kupplungen sowie Wälzlagerinnenringe auf Wellen für mittlere Belastungen, Bremsscheiben |
H7/j6 |
J7/h6 |
H7/j6 |
Schiebesitzteile lassen sich bei guter Schmierung von Hand zusammen fügen und verschieben. Sichern gegen Verschieben und Verdrehen nötig | Häufig auszubauende aber durch Keile gesicherte Scheiben, Räder und Handräder, Buchsen, Lagerschalen, Kolben auf der Kolbenstange |
Spielpassung | ||||
H7/h6 |
H7/h6 |
H7/h6 |
Gleitsitzteile können bei guter Schmierung durch Handdruck verschoben werden. | Pinole im Reitstock, Fräser auf Fräsdornen, Wechselräder, Säulenführungen, Dichtungsringe. |
H7/h9 |
H8/h9 |
H8/h9 |
Schlichgleitsitze lassen sich leicht zusammenbauen und über längere Wellenteile verschieben | Scheiben, Räder, Kupplungen, Stellringe, Hebel, Keilsitz für Transmissionswellen |
H7/g6 |
G7/h6 |
H7/g6 |
Enge Laufsitzteile gestatten gegenseitige Bewegung ohne merkliches Spiel | Schieberäder in Wechselgetrieben, verschiebbare Kupplungen, Spindellagerungen< |
H7/f6 |
F8/h6 |
H7/f7 |
Laufsitze gewähren ein leichtes Verschieben der Paßteile und weisen ein reichliches Spiel auf, das eine einwandfreie Schmierung erleichtert | Meist angewandte Lagerpassung im Maschinenbau, bei Lagerung der Welle in zwei Lagern, z.B. Spindellagerung an Werkzeugmaschinen, Gleitführungen |
H8/f7 |
F8/h9 |
F8/h9 |
Schlichtlaufsitzteile haben merkliches bis reichliches Spiel, so daß sie gut ineinander beweglich sind | Für mehrfach gelagerte Wellen, Kolben in Zylindern, Ventilspindeln in Führungsbuchsen, Lager für Zahnrad- und Kreiselpumpen |
H7/f6 |
F8/h6 |
H7/f7 |
Leichte Laufsitze haben reichlich Spiel | Mehrfach gelagerte Wellen, bei denen ein einwandfreies Ausrichten und Fluchten nicht voll gewährleistet ist. |
Anmerkungen:
- Die fettgedruckten Passungen sind im Rahmen des CAD Kurses bei der Passungsauswahl zu bevorzugen.
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Die Eintragung der im vorigen Schritt gewählten Toleranzen in das jeweilige Einzelteilmodell wird unter Übung Baugruppenmodellierung/Toleranzen und Passungen sowie unter CAD-System/Toleranzen beschrieben.
- Diese Auslegungen sind überschlägig, im Rahmen des CAD kurs wird kein exakter Festigkeitsnachweis durchgeführt.
Berechnung (am Beispiel der Welle/Lager Passung eines Ventilators):
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Identifikation der Wellenführung als Passung
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Festlegung der Funktion der Passung: reichlich Spiel für einfache Schmierung.
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Gewählte Passung: 7 H7/f7
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Bestimmung des oberen und unteren Abmaßes (Ao und Au) der Bohrung (für das jeweilige Toleranzfeld mittels DIN EN ISO 286-2):
Ao (H7, 7 mm) = 15 µm
Au (H7, 7 mm) = 0 µm
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Berechnung von Höchst- und Mindestmaß der Bohrung :
Höchstmaß = N + Ao = 7,000 + 0,015 = 7,015 mm
Mindestmaß = N + Au = 7,000 + 0,000 = 7,000 mm
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Bestimmung des oberen und unteren Abmaßes (Ao und Au) der Welle (für das jeweilige Toleranzfeld mittels DIN EN ISO 286-2):
Ao (f7, 7 mm) = -13 µm
Au (f7, 7 mm) = -28 µm
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Berechnung von Höchst- und Mindestmaß der Welle :
Höchstmaß = N + Ao = 7,000 - 0,013 = 6,987 mm
Mindestmaß = N + Au = 7,000 - 0,028 = 6,972 mm
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Berechnung von Höchst- und Mindestspiel (bzw. Übermaß) der Passung:
Höchstspiel = Höchstmaß_Bohrung - Mindestmaß_Welle = 7,015 - 6,972 = 43 µm (Spiel!)
Mindestspiel = Mindestmaß_Bohrung - Höchstmaß_Welle = 7,000 - 6,987 = 13 µm (Spiel!)